
"... und schon kann Christus damit etwas aufbauen"
Ob man Kartoffeln schält oder Kinder begleitet, die Caritativa ändert den Blick auf den Alltag. "Ich hätte mir nie vorstellen können, was die Caritativa in mein Leben bringen würde": ein Zeugnis aus Wien.Vor ungefähr zwei Jahren habe ich begonnen, bei der „Caritativa“, dem freiwilligen Engagement unserer Gemeinschaft, regelmäßig mitzuwirken. Damals hätte ich mir nie vorgestellt, was das in meinem Leben hervorbringen würde. Die von Pater Christoph vorgeschlagene Caritativa bestand darin, bei den Schwestern der Mutter Teresa Kartoffeln zu schälen, die als Sonntagsessen für die Obdachlosen gekocht wurden.
Das erste Mal machte ich einfach mit, weil drei junge Männer der Bewegung von CL, die neu in Wien waren, es mir vorgeschlagen hatten. Sie kannten niemanden und sprachen nicht Deutsch, deswegen war ich sehr neugierig, warum sie das machen wollten. Ich war gerade in einer schwierigen Phase, hatte viele Fragen über meine Berufung und spürte, dass ich Begleitung brauchte. Deswegen nahm ich den Vorschlag von Tommi, Ale und Richi an. Übrigens sagt auch Luigi Giussani in seiner Schrift „Der Sinn der Caritativa“, dass man mit jemandem gemeinsam machen soll. Alleine, so spürte ich, wäre da das Risiko gewesen, je nach Tageslaune hinzugehen oder auch nicht. Die Treue zum Vorschlag dreier Freunde wurde aber mit der Zeit zur Treue zur Sache selbst.
Vor kurzer Zeit hatten wir eine Versammlung unserer Gemeinschaft, die sich mit der Caritativa beschäftigte. Dabei sagte Lidia, die Verantwortliche für die Bewegung in Wien: „Es reicht, dass du den Vorschlag eines anderen annimmst, und schon kann Christus damit etwas aufbauen.“ Zu den Schwestern zu gehen und Kartoffeln zu schälen, hat mir wirklich erfahren lassen, dass wir die Caritativa in erster Linie für uns selbst machen - um zu einer Art der Liebe erzogen zu werden, die gratis ist wie jene Gottes, wie bei Schwester Josita, die alle Neuennach den Namen fragt und diese auf ein Zettelchen schreibt, um später für sie zu beten. Sie macht alles für die anderen, alles für Christus. Daraus entsteht die Freude! Die Freude, die man nach der Caritativa erfährt, ist wirklich spürbar. Ich habe bemerkt, dass ich an den Samstagen nach der Caritativa viel glücklicher bin als an den Samstagen, an denen ich länger schlafen kann.
Ich konnte diese Intuition beim „KiHof“, einer Initiative für Kinder in meiner Pfarre, die heuer zugleich meine Caritativa war, weiter vertiefen. Diesmal folgte ich dem Vorschlag Pater Giorgios aufgrund der Freundschaft und des Vertrauens, das ich in ihn habe. Der KiHof beginnt mit der Anbetung für uns Erzieher. Kurz darauf kommen Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren und es beginnt ein Tag voller Lieder, Spiele, Workshops, Theater und gemeinsamer Momente der Reflexion und des Gebets. Vor zwei Jahren hätte ich mir nie gedacht, dass ich samstags um 8:30 Uhr zur Anbetung gehen würde! Jedoch ist sie zu einem der schönsten Momente im KiHof geworden. Den Tag so anzufangen - mich vor den Herrn zu stellen - hilft mir, wieder Ordnung in mein Leben zu bringen, zu verstehen, was wichtig ist, und die Beziehung zum Herrn zu pflegen.
Nach diesem Jahr beeindruckt mich noch stärker, wie sich die Caritativa in meinem Alltag auf die Beziehung zu anderen auswirkt. Zum Beispiel bin ich an sich kein geduldiger Mensch. Nach diesem Jahr erkenne ich aber, dass ich mich hier ein wenig gebessert habe. Die Beziehung zu den Kindern ist immer etwas stürmisch: Sie schreien, laufen, hören nicht zu… aber am Ende ist all das nicht das Wichtigste. Meine Sehnsucht ist, dass der KiHof für sie zu einem Ort wird, an dem sie Jesus kennenlernen können, an dem sie die Begegnung machen können, die ich selber gemacht habe. Wegen dieser Sehnsucht versuche ich, das Beste von mir zu geben, geduldig zu sein oder sie einfach zu lieben.
Diese Haltung der Offenheit, die ich gegenüber den Kindern in der Caritativa lerne, ist dieselbe, die ich jetzt gegenüber meinem Freund Tommi habe. Die Caritativa hat mir beigebracht, ihn so anzunehmen, wie er tatsächlich ist, und nicht, wie ich ihn gerne haben möchte.
Ich möchte auch einen anderen Text über die Caritativa zitieren, kenne ich dies doch aus meiner Erfahrung: „Gemeinsam in die Caritativa zu gehen, ist kein sekundäres Anliegen. Die eigentliche Caritativa ist einander gegenüber zu stehen, denn jedes Mal, wenn ich ‚ja‘ sage, bin ich gezwungen, über den Schein hinaus zu gehen und um die wahre Erkenntnis zu bitten, warum ich dort mit dem anderen bin, dass ich also den Ursprung meiner Menschlichkeit erkenne. Das echte Wunder der Caritativa ist das Aufblühen einer Nähe; dass wir beginnen, einander zu lieben“.