Montag ist der schönste Tag

Die WorkAp-Initiative: Was ist der Sinn der Arbeit? Wie kann sie wirklich menschlich sein? Und was hat dies mit Glauben zu tun? Menschen mit interessanten Berufserfahrungen erzählen von ihrem Weg bei einem Glas Wein.
Lidia Zorzoli

Sommer 2019. In einem Gespräch unter Freunden entsteht eine Idee: Es wäre interessant, sich über das Thema Arbeit und seine Grundfragen auzutauschen, unter anderem darüber, wie die Arbeit mit dem Glauben zu tun haben kann. Am nützlichsten wäre ein Dialog mit jemandem, der eine längere Erfahrung hat und weiter auf dem Weg ist. So entstehen die WorkAps (Work-Aperitiv): Man trifft sich bei den Priestern der Bruderschaft des Hl. Karl Borromäeus auf einen Aperitiv oder für ein Abendessen; jedes Mal soll ein Gast, von drei Fragen ausgehend, seine Erfahrungen erzählen. Eingeladen werden Menschen, die wegen der Art und Weise interessant wirken, in der sie ihre Arbeit und ihren christlichen Glauben leben. Die Pandemie unterbricht für eine Weile die Initiative, aber die Fragen drängen weiter und, sobald die Umstände dies erlauben, beginnt auch wieder der Austausch: Die Treffen sind zu einer Möglichkeit geworden, immer neue Freunde und Glaubenserlebnisse kennenzulernen.

Um den gedeckten Tisch finden Leute aus den verschiedensten Branchen Platz: Chirurgen, Künstler, Forscher, Bankangestellte, Versicherungsagenten, Apotheker, Ingenieure, Lehrer und viele mehr. Natürlich dürfen gutes Essen und ausgezeichneter Wein nie fehlen! Gleich beim ersten Anstoßen kommt die Frage Nummer eins: Was ist die Quelle der Faszination und der Leidenschaft für deine Arbeit?
Ein Bankdirektor erzählt, dass er sich eigentlich als Student für andere Bereiche interessiert hatte, etwa Literatur, Philosophie und Jus. Als ihm unerwartet eine Stelle in einer Bank angeboten wurde, nahm er sie an. Langsam entdeckte er eine Leidenschaft für diese Arbeit. “Wenn sich jemand mit den Dingen ernsthaft auseinandersetzt, entsteht die Sehnsucht, in die Tiefe zu gehen, und somit eine Leidenschaft”.
Ein Primar der Neurologie erzählt: Beim Medizinstudium führte ihn die Feststellung, dass alles im Menschen perfekt funktioniert, zur Frage, ob es vielleicht einen Gott gäbe. So wurde das Staunen über die neurologischen Systeme zum Staunen darüber, dass der Mensch erschaffen ist, und zur Entdeckung, dass jeder Patient wirklich einmalig ist. “Deswegen will man den Anderen zur Verfügung stellen, was auch immer man kann. Als Arzt darf man den Patienten gegenüber nicht distanziert bleiben, sondern muss mit dem ganzen Selbst, mit dem ganzen Herzen mit ihnen in Beziehung treten”.
Ein Verantwortlicher für Denkmalschutz sagt, dass die Leidenschaft für die Arbeit durch sein Interesse für die Details entstand. “Denn genau dort sieht man, dass eine Schönheit den Dingen, der Wirklichkeit innewohnt. Es gibt eine Art Einheit, eine Verbindung in der Welt. Deswegen möchte man, dass auch die Zeit zwischen 9 und 18 Uhr eine Bedeutung und einen Wert hat”.

Nach ein paar Käse- und Tomatenscheiben ist es Zeit, zur zweiten Frage überzugehen: In einer Welt zu arbeiten, in der die Leistungserwartungen die verfügbaren Ressourcen immer übersteigen, erdrückt dich nicht? Welchen Platz gibt es hier für Kreativität und Freiheit?
Ein Topmanager meint, es gäbe auch einen guten Stress, der den Menschen zum Agieren drängt, und das Wichtigste sei, immer zu wissen: Wir arbeiten, um zu leben, wir leben nicht, um zu arbeiten. “Aber wenn der Stress zu viel ist?”. “Ich betrachte den Stress ganz pragmatisch; ich schaue zur Ursache, um zu verstehen, was die Lösung sein könnte. Es gibt immer eine Lösung, man soll nie die Hoffnung verlieren. Und ich bete viel. Gott gibt mir immer, was ich brauche. Ich bitte ihn um zwei Sachen: Unterscheidungsgeist und Gesundheit. Der Rest ist meine Aufgabe”.
Der Neurologe räumt ein: “Gott liebt uns, so wie wir sind. Das nimmt mir jede Bedrängnis weg”. Der springende Punkt ist zu entdecken, dass es auch unter Druck ein Ziel gibt, einen “Stern”: “Es geht darum, einen Weg zu finden. Die Sachen “finden” uns, wir müssen einfach offen sein und zulassen, dass die Wirklichkeit uns Fragen stellt”.

Dulcis in fundo. Es ist Zeit für eine Nachspeise, eine gute Grappa und die dritte Frage: Was hat das Christsein mit deiner Arbeit zu tun?
Eine Architektin gesteht, dass sie verblüfft auf diese Frage reagierte. “Aber dann habe ich gedacht, dass ich Begabungen und Talente bekommen habe. Diese sind mir von Gott geschenkt worden und meine Aufgabe ist nichts anders, als diese Talente weiterzugeben, sie anderen zur Verfügung zu stellen. Ein bisschen wie im Evangelium mit dem Gleichnis vom König, der für seinen Sohn ein Hochzeitsfest macht. Ich denke, dass meine Begabungen wie das Kleid sind, das ich anziehen will, um bereit für diese Hochzeit zu sein, wenn wir ihm am Ende begegnen werden. Deswegen versuche ich, alles mit Liebe zu tun. Und je mehr ich mich für die andere Person engagiere und ihr Zeit widme, desto schöner wird das Endprodukt. Im Endeffekt ist alles, was wir tun, ein Weg, um aufzuwachsen”.
Der Manager einer Firma erzählt, dass er auch anfangs dieselbe Reaktion hatte, aber dann blickte er auf seine Erfahrung: “In den kritischen Momenten meines Lebens, als ich beinahe am Verzweifeln war, suchte ich immer eine Kirche, um mich in der Stille wieder zu sammeln. In den USA, wo keine Glocken läuten, habe ich bemerkt, wie sehr ich diesen Klang vermisste! Ich habe immer nach Kraftorten gesucht und die hatten immer mit dem Glauben zu tun, wie zum Beispiel der Franziskusweg. Auch wenn ich nach Luxemburg fahre, um meine Verwandten zu sehen, nehme ich mir immer Zeit, um meine lieben Verstorbenen zu besuchen.
Am Anfang sprach ich in der Arbeit nicht über den Glauben. Aber später reifte ich und begann, mich zu öffnen. Irgendwann taten die Kollegen das auch. So konnte ich mit ihnen die Werte teilen, die ich im Glauben lebe: es ist möglich mit allen, denen ich begegne, das Leben zu teilen”.
Der Topmanager behauptet entschlossen: “Die Arbeit ist nichts anders als ein wichtiger Teil meines Alltags. Die zwei Sachen gehören zusammen, sie sind eine Einheit. Wenn also Gott nicht mit mir ins Büro geht, bedeutet es, dass er im Alltag nicht mit mir ist!”.
Ein Freund fügt hinzu: “Jesus arbeitete dreißig Jahre lang als Tischler. Er hatte es nicht nötig, Außergewöhnliches zu machen, um zu beweisen, dass er Gott war. Die Arbeit ist also keine Alternative zum Leben, sondern sie steht in einer tiefen Einheit mit meinem Leben. Deswegen möchte ich Gott alles opfern, was ich mache. Nur so kann alles, was ich tue, nützlich sein”. Und der Montag? “Montag ist der schönste Tag in der Woche! Denn am Montag fängt man neu an, man macht sich wieder auf den Weg”.

Für weitere Informationen über WorkAp und die nächsten Termine: lidia.zorzoli@gmail.com