Türkei. Eine neue Sehnsucht

Vor sieben Jahren fand die Begegnung statt, die ihr Leben veränderte. Dann der Umzug in ein fernes Land. Und alles, was sie heute „in Bewegung“ bringt. Zeugnis aus Istanbul.
Von Federica Irene Falomi 24.11.2022

Ich lebe seit zwei Jahren in Istanbul, wo ich aus beruflichen Gründen hingezogen bin: Ich bin 33 Jahre alt und UN-Beamtin. In der ganzen Türkei sind wir nur zu zweit in der Bewegung: ich und Paolo, der im Süden an der Küste, einige hundert Kilometer von mir entfernt, lebt. Aber ich kann sagen, dass es mir nie an Gemeinschaft gefehlt hat: In diesen zwei Jahren war ich nie „allein“. Hier in der Türkei habe ich meine Verbundenheit zum Charisma, zur Bewegung wiederentdeckt - das heißt zum Glauben und zu dem Grund, warum er für mein Leben wesentlich ist.

Ich bin der Bewegung vor sieben Jahren begegnet: Ich komme nicht aus einer katholischen Familie und lebte ziemlich fern von der Kirche, obwohl ich die Taufe empfangen hatte. Einige Monate nach meiner Begegnung mit CL und dem Beginn einer neuen Lebensfülle reiste ich nach Kenia aus beruflichen Gründen: Das war die Gelegenheit, mich zu fragen, was in meinem Leben wirklich geschehen war. Damals reifte in mir der Entschluss, um die Erstkommunion und die Firmung zu bitten: Es war ein Jahr, in dem ich entdeckte, dass ich gut bin, so wie ich bin, und dass meine Sehnsucht auf eine Realität treffen kann, die ihr entspricht. Danach kehrte ich nach Italien zurück, bis ich im Oktober 2020 nach Istanbul aufbrach. Nun hoffe ich wegen der Schönheit des Lebens, die ich in mir und um mich herum geschehen sah, hier zu bleiben: vor allem die Evidenz, dass ich nie verlassen bin, dass nichts von mir und meiner Menschlichkeit vergessen oder dem Zufall überlassen wird.

Ich bin während der Pandemie umgezogen, sodass es nicht einfach war, Leute kennenzulernen. Ich habe Gott monatelang darum gebeten, dass mich die Bewegung auch hier begleiten kann: Es war ein intensiver Dialog, ein Ringen mit der Realität, und in den vielen Momenten der Einsamkeit überkam mich oft der Zweifel, ob ich nicht eine falsche Wahl getroffen hatte und ein zu großes Risiko eingegangen war. Kurz gesagt, ob ich nicht mit dem Feuer gespielt hatte... mit dem grundsätzlichen Verdacht, ich würde gerade das Beste im Leben verpassen. Vor einem Jahr begannen unerwartete Dinge zu geschehen: Ich erfuhr, dass Paolo hier schon seit dreißig Jahren lebt; Freunde auf Pilgerreise von Europa nach Jerusalem kamen durch die Türkei. Während ich mir stur weiter einredete, es sei nicht der Mühe wert, „sich zu bewegen“, fand ich vor meiner Haustür Leute, die sechs Monate lang zu Fuß unterwegs waren! Dann kam Ainhoa, ein Mädchen von der Bewegung aus Madrid, das einige Monate bleiben sollte.

So, aufgrund der Evidenz dieser Gemeinschaft, die schon vorhanden war, schlug ich ihnen zu Beginn der Adventszeit vor, uns alle im Süden des Landes in Antalya zu treffen, um gemeinsam den Einkehrtag in Italien online zu verfolgen. An einem Ort scheinbarer „Wüste“ Gesichter zu bekommen, die man anschauen konnte, war ein großes Geschenk, das Sichtbarwerden einer Antwort, die auf eine stets gegenwärtige Gemeinschaft hinweist. So haben wir ein kleines Seminar der Gemeinschaft unter uns begonnen. In dieser Zeit und durch diese Arbeit habe ich tiefer entdeckt, wer ich bin, und somit die Gründe verstanden, warum ich mich auf eine bestimmte Weise bewege.

Als die Mitteilung über die Messe zum Geburtstag von Don Giussani eintraf, wurde mir klar, dass zum ersten Mal niemand diese für mich organisieren würde. Ich reagierte anfänglich mit Nachlässigkeit: „Na gut, das ändert nichts an der Tatsache, selbst wenn es keine gibt...“. Aber dann wurde ich mir der Dankbarkeit für meine Geschichte und für alles, was gerade geschah, bewusst und bewegte mich: Ich wollte darum bitten. Wir haben mit dem Bischof von Istanbul gesprochen, der mit enormer Dankbarkeit die Messe für Giussani zelebriert hat: Er hat eine wunderschöne Predigt gehalten und mir wieder klar gemacht, wie wichtig das ist, was jeder Mensch in der Kirche und für die Kirche lebt.

Im Dezember haben sich die Umstände in der Arbeit kompliziert. Angesichts der Gefahr, arbeitslos zu werden, begann ich, mich nach Alternativen umzusehen: Ich erhielt zwei sehr interessante Angebote, beide außerhalb der Türkei. Aber als ich ihnen gegenüberstand, wurde mir klar, dass ich unbedingt da bleiben wollte, wo ich bin. Gerade an einem dieser Tage der Erwägung der Angebote fand das Seminar der Gemeinschaft statt, und ich war beeindruckt, als ich Paolo zuhörte: Er ist 76 Jahre alt, die nächste Kirche ist zweihundert Kilometer von zu Hause entfernt, kurzum, er ist es gewohnt, es ungemütlich zu haben. Aber an diesem Abend sprach er zum ersten Mal von Einsamkeit, von der Müdigkeit, die Messe im Fernsehen zu verfolgen, von einer Schwermut: Ich war beeindruckt von dem offensichtlichen Wiedererwachen seiner Sehnsucht. Ich fragte ihn also, was passiert sei, und er sagte mit Blick auf mich und Ainhoa: „Ihr seid gekommen.“ In diesem Moment wurde mir klar, dass ich hier eine Aufgabe habe, nicht als Pflicht, sondern als Sehnsucht, auf die Realität zu antworten, die mich ruft. Ich nahm wahr, dass es nicht dasselbe ist, ob ich hier bin oder nicht. Die echte Frage wird also: „Was interessiert mich wirklich?“ Während ich auf ein klares Zeichen wartete, um mich für eine Arbeit zu entscheiden, antwortete die Realität mit dem Wiedererwachen einer Sehnsucht: der meinen.

In allen Dingen, auch in den scheinbar kleinen, kann ich die Klage über die Schwierigkeiten überwiegen lassen oder auf das Wunder der Gesichter schauen, die mir geschenkt werden, und sei es nur für ein sonntägliches Mittagessen nach der Messe. Ich merke, dass die in gewisser Weise 'unbequeme' Situation mir hilft, eine größere Offenheit für das zu haben, was da ist.
Der Bischof hat bereits bei zwei Gelegenheiten seine Wertschätzung für unser Charisma ausgedrückt: Ich habe mich gefragt, was er meint und was er von mir verlangt. Es gibt einen Ausgangspunkt: die Personen, die ich bisher hier getroffen habe. Es geht also in erster Linie darum, die Beziehung und die Gemeinschaft mit ihnen zu vertiefen, mit denen, die ich bereits vor mir habe.

Eine Tatsache ist offensichtlicher als alles andere: Das Christentum ist für mich heute interessanter als vor sieben Jahren, als ich ihm begegnete; und es ist heute sogar noch radikaler faszinierend als vor zwei Jahren, als ich in die Türkei ging. Ich sage das im vollen Bewusstsein aller Dinge, auch all der Leute, die mir sagten: „Du wirst allein sein, was machst du bloß?“, und meiner eigenen Angst: Angst, mich selbst zu verlieren, meinen Glauben zu verlieren. Und stattdessen sehe ich meine Bewusstheit immer mehr wachsen.