"Ein Weg, der nach Hause führt"
Camus' Caligula, Heiliger Severin, Zeugnis einer sechsfachen Mutter - führten CL Österreich während der Gemeinschaftsferien in den steirischen Bergen "nach Hause".Auch dieses Jahr traf sich CL Österreich zu einem ihrer wichtigsten, von den Lehren ihres Gründers Don Giussani inspirierten Momente: den Ferien der Gemeinschaft. Vom 12. bis 17. Juli versammelten sich Freunde von CL Österreich auf der Planneralm in den majestätischen steirischen Bergen. Die Ferien von Comunione e Liberazione bieten jedes Jahr an einem anderen Ort Menschen jeden Alters die Gelegenheit zur Weiterbildung auf ihrem Glaubensweg. „Die imposante Schönheit der Natur begünstigt die Erneuerung der Frage des Seins, der Güte der Wirklichkeit“. Dies sind Worte von Don Giussani, die die Erfahrung eines Menschen angesichts des Schauspiels der Gipfel, die sich zum Himmel erheben, ans Licht bringen.
In diesen intensiven Ferientagen, die von einem in den vorangegangenen Monaten sorgfältig vorbereiteten Programm bestimmt wurden, nahmen heuer über 60 Personen teil, darunter viele Familien und zahlreiche Kinder. Jeder trug mit seiner Anwesenheit dazu bei, diesen Tagen fern der täglichen Routine Tiefe und Bedeutung zu verleihen. Sogar die Kleinen, die musikalische und kabarettistische Auftritte aus dem vor Ort erlebten am Abschlussabend improvisierten.
Die gemeinsamen Tage wurden durch Gebete unterteilt: die Laudes am Morgen, das Angelusgebet am Ende der Versammlungen und die tägliche heilige Messe. Dazu begleiteten tägliche Impulse von Pater Matteo die Tage. Der Text der Exerzitien der Fraternität von Comunione e Liberazione, der von Pater Julian Carron in Rimini zu Ostern vorgetragen worden war, stellte einen treuen Begleiter durch die Ferien dar. Der spirituelle Aspekt dieser Ferien beschränkte sich aber nicht nur auf Momente des Gebets sondern war auch wesentlich in der Betrachtung der Schönheit, zum Beispiel bei Bergtouren, in den geselligen Momenten beim Genuss lokaler Produkte oder bei den Lieder- und Filmabenden.
Die Erwachsenen durften zudem zwei kulturelle Momente genießen von denen der eine Albert Camus, der andere dem Heiligen Severin gewidmet war. Die Beschäftigung mit Albert Camus war von einer Passage aus dem Theaterstück „Caligula“ inspiriert, die Carron auch im Text der Exerzitien zitiert: „Nun ja. Jedenfalls bin ich nicht verrückt, ich war sogar noch nie so vernünftig. Nur hatte ich plötzlich ein Bedürfnis nach dem Unmöglichen. [...] So wie die Dinge sind, scheinen sie mir nicht befriedigend. [...] Die Welt in ihrer jetzigen Gestalt ist nicht zu ertragen. Darum habe ich den Mond nötig oder das Glück oder die Unsterblichkeit, etwas, das vielleicht unsinnig ist, aber nicht von dieser Welt.“ Obwohl Camus’ Antworten auf die existenziellen Fragen des Menschen unsere Bedürfnisse nicht vollständig befriedigen, musste uns wirklich auffallen, wie ernst Camus die Fragen nach dem Sinn des Lebens nahm. So gesehen sind Camus‘ Gedanken kein Handbuch für schöne Effektphrasen, aber seine Worte und seine Bücher sind der Schrei eines Mannes, der erstaunt auf die Wunde in seinem Herzen blickt; die arme Stimme eines Menschen, der erkennt, dass es, wenn es eine Wunde gibt, auch jemanden geben muss, der diese Wunde verursacht hat (Gott). Camus` Forschung ist das Zeugnis seines Leidens Seine Sehnsucht ist ein weiterer Beweis dafür, dass es jemanden gibt, den es zu finden gilt.
Auch das Treffen über den Heiligen Severin hatte eine Botschaft für uns. Es war beeindruckend, wie konkret die Härte und die Schlichtheit des Gebetslebens eines Heiligen aus dem 5. Jahrhundert das bürgerliche Leben und die verschiedenen damaligen menschlichen Gemeinschaften beeinflussten: Arianer, Barbaren, Römer… also nicht nur Christen. Dieser in Österreich so präsente und doch wenig bekannte Heilige erinnerte uns daran, dass unser Christsein mit einem aktiven Leben in der Gesellschaft nicht nur vereinbar ist, sondern dass wir als Christen darüber hinaus auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten können.
Der zentrale Moment dieser Ferien war das Zeugnis von Barbara, der Gattin von Davide, dem Visitor der Bewegung in Europa. Barbara erzählte ihre Geschichte als „sechsfache Mutter, Frau und Hausfrau aus einer Berufung heraus“. Die Bewegung hatte sie im Alter von 15 Jahren kennengelernt. Ihre Erzählung verdeutlichte ihre neue, veränderte, gereifte Wahrnehmung der oftmals nicht leichten Umstände ihres Lebens durch ihre Teilnahme an der Bewegung von CL. Barbara schilderte den Familien bekannte Dynamiken des Lebens: die Schwierigkeiten einer Mutter, viele Kinder zu erziehen und zu versorgen, oftmals in der Abwesenheit des Vaters und Ehemannes; Jugendkrisen ihrer Kinder; die Suche nach dem Sinn des eigenen Lebens. Und doch erzählte Barbara, wie die Aufgeschlossenheit gegenüber den Vorschlägen der Bewegung ihr es ermöglichte, ihren Blick auf das Leben zu ändern und daher anders zu leben.
Von den vielen Punkten, die sie ansprach, sind zwei besonders hervorzuheben. Erstens wies Barbara auf einen Wendepunkt in ihrem Leben hin, nämlich, als sie begonnen hatte, eine Bedeutung in den Dingen zu erkennen, die geschahen. Zweitens erklärte sie einen wichtigen Unterschied in ihrer Weltanschauung: jenem zwischen dem „Akzeptieren“ und dem „Lieben“ der Geschehnisse. Wenn wir die Umstände lieben, in denen wir zu leben berufen sind, können wir eine Lehre daraus ziehen, unsere Berufung fördern und uns selbst besser entwickeln.
Diese Einstellung wurde auch von ihrem Ehemann Davide unterstrichen. Davide erzählte von einem Streit mit Barbara und erinnerte sich, dass seine Frau ihm vorgeworfen hatte, zu viel Freizeit für sein Engagement in der Bewegung von CL zu verwenden. Davide hatte ihr damals erklärt , dass die Bewegung für ihn eine Schule sei, die es ihm ermögliche, sein eigenes Ich besser zu entwickeln und damit auch ein besserer Ehemann zu werden.
In der Tat ist das Konzept der von Pater Matteo vorgeschlagenen Meditationen – „ein Weg, der nach Hause führt“ – das Wesentliche der Erfahrung, die die Teilnehmer der Ferien machen konnten: der Weg des Individuums, das der Realität seiner Umgebung Aufmerksamkeit schenkt, das von der in der Bewegung erfahrenen Schönheit inspiriert ist und das der eigenen Bestimmung mit Spannung entgegenblickt.